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Foto: Anna Lena Mitterer (Filmstill)
Sonate
Foto: Anna Lena Mitterer (Filmstill)
Foto: Anna Lena Mitterer (Filmstill)

Sonate

Künstler/in (geb. 1980 in Innsbruck, Tirol)
Date2008
ClassificationsVideo
Medium16 mm Film und DVD-Ausstellungskopie; 6:48 min
Paper Support2-teilig
Credit LineArtothek des Bundes
Object number27459
DescriptionOriginalmusik zum Film von Alexander Wagendristel
Der Film "Sonate" wurde unterstützt durch eine Förderung des Otto Mauer Fonds Wien und durch die Satel Film, Wien.
Die Musik wurde unterstützt durch eine Kompositionsförderung des bm:ukk, österreichisches Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur.
Filmstills, gemalt nach dem Film "Sonate", 2008

Gibt es für Ihren Film Sonate (2008) und für die dazu entstandenen gemalten
Bilder Skizzen oder eine Art von Storyboard?
An erster Stelle kam die Musik. Die eigens von Alexander Wagendristel komponierte Interpretation der fiktiven Sonate von Vinteuil war vor der Entstehung des Films fertig eingespielt. Dies war mir wichtig, weil daher die Kamerafahrten der Musik folgen konnten und weil ja die Musik den grundsätzlichen Erinnerungsmoment auslöst.
Es gab kein Storyboard, aber eine Videoskizze von der Kamerabewegung. Die Malereien sind nachträglich entstanden. Die fünf Bilder beschränken sich auf die Darstellung eines einzigen Kaders aus dem Film, den ich versuchte, malerisch aufzulösen, so als würde dieser Moment von der Erinnerung in unterschiedliches
Licht getaucht und schließlich fast zur Abstraktion geführt.

Wie reflektieren Sie den Akt der Erinnerung in Sonate?
Die Analogie von Gegenwart und Vergangenheit wird sozusagen „verräumlicht", die Erinnerungsbilder sind einem einzigen Raum eingeschrieben. Der
Kamerafluss bewegt sich vom verfallenen über den verhüllten zu seinem belebten Zustand und wieder zum Ausgangsmoment der Erinnerung zurück. Die Überblendungen sollen eine Art der Gleichzeitigkeit von vorher und nachher vermitteln.

"Wie es eine Geometrie im Raume gibt, so gibt es eine Psychologie in der Zeit ( … )" (Marcel Proust, Die Gefangene). Marcel Prousts Psychologie der Zeit ist miteinem starken Verlangen nach Realität verknüpft. Wie sehr gibt Ihnen das Medium Film oder Video die Möglichkeit, eine eigene Realität zu schaffen?
Es wurde gesagt, dass schon viel länger bestehende Medien der Kunst, wie die der Malerei, zwar ihren Anstoß in der Realität finden können, jedoch die Intention der künstlerischen Phantasie eine ganz eigene Realität der Vorstellung schafft. Ich glaube aber, dass Film-/Videokunst ebenso ein sehr direktes Mittel sein kann, mit dem nicht Realität abgebildet, sondern eine eigene Realität konstituiert wird. Ich arbeite auch mit diesem Medium, weil es zeitbasiert ist, um mich in einem Mikrokosmos zu bewegen, in dem die Zeit selbst eine ganz eigene Realität hat. In Sonate versuchte ich, einen Erinnerungsvorgang in bewegten Bildern zu beschreiben, wo zeitliche, räumliche und kausale Zusammenhänge einer objektiven Realität enthoben sind.
Text: Ursula Maria Probst




Sonate
A Film by Anna Mitterer 2008 6.7 min, 16mm/DVD
Original Soundtrack Alexander Wagendristel
(Hommage à Vinteuil)
Violin Bojidara Kouzmanova
Piano Kaori Nishii
Recording Egineer Heinz Kohlbauer
Camera Peter Pulker
Editing Silvia Schönhardt
Swann Alexander Emanuely
Odette Anna Mitterer

"Wie es eine Geometrie im Raume gibt, gibt es eine Psychologie in der Zeit (...)" (Marcel Proust, Die Gefangene)

Die Violinsonate von Vinteuil, die wie der Komponist selbst fiktiv ist, zieht sich durch Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" wie ein Leitmotiv.
Ich bat den Wiener Komponisten Alexander Wagendristel seine komplett freie Neukomposition auf Grund Prousts Beschreibungen nicht nur der Sonate selbst, sondern ihrer Rezeption, zu schaffen. Die Bildsprache des Films entstand aus der Musik heraus. Man versuchte die Violinsonate zu Musik von César Franck, Camille Saint Saens und sogar Richard Wagner in Bezug zu setzen, doch dies ist ein sinnloses Unterfangen, weil die Sonate ganz dem Mikrokosmos Prousts verhaftet ist und nur in ihm entstehen kann.

Die Erinnerung wird ermöglicht durch das, was der Augenblick, wo man sich erinnert, mit dem Augenblick, an den man sich erinnert, gemeinsam haben. In Marcel Prousts "Eine Liebe von Swann" wird das erneute Hören des kleinen Themas von Vinteuil für Swann zur Auferstehung der Vergangenheit. Es ist nicht nur das "l'air national de leur amour", die Nationalhymne seiner Liebe zu Odette, sondern führt ihn zum Bewusstsein einer unsichtbaren Realität, die er zuvor nicht gekannt hatte. Wie Marcel selbst, der später in "Die Gefangene" beim Hören des Septetts von Vinteuil Ähnliches erlebt, bewirkt das Kunstwerk ein Bewusstwerden ihrer eigenen Identität. Das Kunstwerk wird zur Poetisierung der Wirklichkeit, wenn man darunter kein nachträgliches Hinzufügen, sondern eine Rückerstattung eines ursprünglichen Gehaltes von Wirklichkeit versteht.

Im Film "Sonate" geht es nicht um die Rekonstruktion der Sonate von Vinteuil, sondern um das Beschreiben eines mentalen Prozesses, dem Moment der memoire involontaire, der unwillentlichen oder intuitiven Erinnerung. Aber eben auch um den Moment der Rezeption; wie der innere Vorgang der Rezeption eines Kunstwerkes mit den Mitteln von Bild und Ton reflektiert werden kann. Im Film versuchte ich den Zuschauer zu veranlassen, immer wieder neue Hypothesen bezüglich seiner kausalen, zeitlichen und räumlichen Widersprüche formulieren zu können.

In den Malereien zu "Sonate" versuchte ich das elementare Moment der Zeit, das Film und Fotografie ins Spiel bringen, in Malerei zu transponieren.

Anna Mitterer
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Foto: Artothek des Bundes
Anna Lena Mitterer
2009/2010
© Bildrecht, Wien, 2016; Foto: Lena Lieselotte Schuster; © Bildrecht, Wien, 2016
Lena Lieselotte Schuster
2014
© Bildrecht, Wien, 2019; Foto: Johannes Stoll, © Belvedere, Wien
Jakob Lena Knebl
2011
© Bildrecht, Wien, 2019; Foto: Johannes Stoll, © Belvedere, Wien
Jakob Lena Knebl
© Bildrecht, Wien, 2023; Foto: Johannes Stoll, © Belvedere, Wien
Jakob Lena Knebl
2019
© Bildrecht, Wien, 2018; Foto: Anna Witt; Videostill; © Bildrecht, Wien, 2018
Anna Witt
2017
© Bildrecht, Wien, 2019; Foto: Anna Jermolaewa, © Bildrecht, Wien, 2019
Anna Jermolaewa
2006/2008
© Bildrecht, Wien, 2020; Foto: Johannes Stoll, © Belvedere, Wien
Anna Stangl
1996
© Bildrecht, Wien, 2019; Foto: Artothek des Bundes
Tilde Anna Jäger
2003