Spaces (Edition 7)
Künstler/in
Kai Maier-Rothe
(geb. 1971 in Brüssel, Belgien)
Date2016
ClassificationsInstallation
MediumMappe aus Leinen und Buchbinderkarton, Siebdruck auf Munken Lynx Papier, 7 inch Vinyl
Paper Support4-teilig
Dimensions30,5 × 30,5 cm
Credit LineArtothek des Bundes
Object number28411
Description„Raum wird hergestellt durch spezifische soziale Prozesse. Im Gegensatz zu anderen Waren ist er aber gleichzeitig materielles Objekt und Medium, in dem andere Waren und gesellschaftliche Verhältnisse geschaffen werden. So reproduziert und modifiziert Raum permanent die gesellschaftlichen Voraussetzungen seiner eigenen Produktion.“(Stefan Nowotny & Gerald Raunig in einem Vortrag zur Situationistischen Internationale, 11.10.2004 , http://www. theatercombinat.com/projekte/raum/raumderive.htm)
Klang und Raum bedingen einander im Rahmen einer zirkulären Verschränkung. Klang kann nur im Raum entstehen und erfahren werden, Raum wird durch Klang überhaupt erst vermittel- und bestimmbar. Materialität und Charakteristik eines Raums bestimmen durch Hall und Reflektion das Erscheinungsbild eines in ihm erzeugten Klangs, der wiederum die Art und Weise bestimmt, wie eben dieser Raum wahr- genommen wird. Der physische Raum schreibt sich also in den in ihm oder durch ihn erzeugten Klang unmittelbar ein. Aus technischer Sicht handelt es sich hierbei um den sogenannten „Raumton“ oder die Eigenfrequenz, der bzw. die durch die raumspezifischen, minimalen Luftpartikelbewegungen erzeugt wird. Die fortlaufende Serie Spaces macht diesen „Raumton“ hörbar. Hierzu wird die jeweilige Eigenfrequenz von ausgewählten Räumen mittels eines speziell für diesen Zweck entwickelten Setups bestehend aus einem Rechner, einer eigens programmierten Software sowie speziellen Mikrofonen und Lautsprechern aufgenommen und sukzessive verstärkt. Nach Beendigung der Aufnahmen werden diese mittels des Verfahrens der Granular-Synthese zu einem 4-6 minütigen Track verarbeitet. Zu jedem dieser Tracks erscheint eine Edition Vinylsingles.
Die ersten drei Editionen entstanden in Österreich in Gebäuden, die aufgrund von Immobilienspekulation leer standen, also gewissermaßen dem urbanen Kontext entzogen wurden. Die Aufnahmen der vierten, fünften und sechsten Edition wurden in China produziert. Die Räume befanden sich in einem kurz zuvor fertig gestellten und größtenteils leer stehenden Künstler*innendorf südlich von Chengdu, das, wie viele andere gleichartige Gebilde in China, der Einhegung und Kontrolle von Künstler*innen dient.
Editionen sieben, acht und neun entstanden in Indonesien, in Gebäuden, die von dem niederländischen Architekten und Stadtplaner Thomas Karsten zwischen 1916 und 1936 in Semarang auf Java entworfen und gebaut wurden. Karsten war der wichtigste Vertreter einer Gruppe von niederländischen Ingenieuren, die sich der kolonialen Planungspolitik widersetzten und sich bei der Planung von Stadtteilen und Gebäuden indigenen Einflüssen und Interessen öffneten.
Für die zehnte Edition habe ich am Bauhaus in Dessau, im sogenannten Stahlhaus, das 1926/1927 er- richtet wurde und ein Gemeinschaftswerk von Richard Paulick und dem Bauhaus-Meister Georg Muche ist, im Sommer 2017 im Rahmen einer Residency am Bauhaus unter anderem die Arbeit „Klangstück für ein Stahlhaus“ produziert, für die ich zuvor im Haus mittels Eigenresonanzverfahren aufgenommene Soundscapes per Soundtransducer auf die Außenhaut des Gebäudes übertrug, so dass diese durch die dem Gebäude innewohnenden Frequenzen zum Schwingen gebracht wurde.
Editionen 7–10 erscheinen in Auflagen von 10 + 2 als 7inch-Vinyl in eigens angefertigten Leinen-Mappen. Neben dem Vinyl enthalten die Editionen je einen Siebdruck einer vor Ort angefertigten Fotografie. Die Mappen sind vorne mit einem Prägedruck der Koordinaten der jeweiligen Orte versehen.
Text: Kai Maier-Rothe, 2021
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