Wir alle müssen Opfer bringen
Künstler/in
Hannes Priesch
(geb. 1954 in Eggersdorf bei Graz, Steiermark)
Date2015
ClassificationsTextil
MediumAcrylfarbe, Tusche auf Stoffdecken
Dimensions360 × 294 cm
Credit LineArtothek des Bundes
Object number28044
DescriptionWenn Hannes Priesch schreibt, im Zentrum seines Interesses stehe die Sprache, dann bewegen ihn Wendungen wie: „Wir alle müssen Opfer bringen“. Solche Floskeln werden von ihm zitiert, in einen anderen Kontext gestellt, im Schriftbild verändert und so verfremdet, dass sich die Materialität von Grund und Schrift aufdrängt. Sätze, Worte und Buchstaben beginnen, unheimlich zu irritieren, so dass sich zunehmend eine hintergründige Verflechtung von Sprache, Präsentation und Politik aufdrängt, in der eine Geschichtlichkeit sichtbar wird, die Worte verdeckt mit sich schleppt, um sie in neuem Gewand auferstehen zu lassen. Was Hannes Priesch in der Ausstellung „Wir alle müssen Opfer bringen“ betreibt, lässt sich als eine ästhetische Archäologie der symbolischen Formation von Gemeinschaft, Heimat und Glauben beschreiben, die ihn vielfach zur Auseinandersetzung mit der nächsten Umgebung führt.So ist das im Kontext einer Wirtschaftskrise geäußerte und als politischer Sparappell berühmt gewordene und weiter zitierte „Wir alle müssen Opfer bringen“ auf unregelmäßig aufgehängte, unterschiedlich farbige Decken aufgesprüht; eben auf solche Decken, in die man sich an kalten Abenden zu kuscheln weiß oder wie sie als ‚Sicherheitsdecken‘ im Kofferraum gut gerüsteter Autos liegen (‚Für alle Fälle…‘). Das „Muss“ ist in vier Sprachen und in vier Schriftbilder übersetzt, die, da wir sie nicht unbedingt alle zu lesen vermögen, trotz des Wissens um den Inhalt auch ornamental aufgefasst werden können. Die Schriftbilder sind in ihrer Einheitlichkeit gestört. Sie weisen keineswegs den sachlichen Gestus der Typographie einer Zeitung auf (wo man vielleicht meint, diesen Slogan finden zu können oder sogar bereits gelesen zu haben). Unmöglich wird es, die Floskel unbedacht zu überlesen: Wer ist das Wir, das hier Opfer bringen soll? Und „Was“ oder „Wer“ ist zu opfern? Beide Fragen zielen auf die Konstitution des Innen und Außen von Gemeinschaften, während das Wort „Opfer“ die Verflechtung von politisch-nationaler Gemeinschaft und Religion aufruft...
Zitat: Mira Fliescher, Graz 2015, anlässlich der Ausstellung und Performance in der Galerie artepari, Graz
[[missing key: detailactions.not-available-label]]