Atlas of World History, 2005
Künstler/in
Sophie Dvorák
(geb.1978 in Wien)
Date2019 - 2022
ClassificationsGrafik
MediumCollage auf Museumskarton
Paper Support2-teilig
Dimensionsje: 902 × 707 mm; Rahmen je: 91,2 × 71,8 × 3 cm
Credit LineArtothek des Bundes
Object number28517
DescriptionIn a third direction, the atlas began to integrate history into geography. “Historical atlases” were established.(…) Such maps required the development of specific codes. For example, they needed a symbol for “battle”, or one for “migration”, or yet another one for “capital”. These codes were indecipherable unless the maps were given a key, a legend to be learned by the reader. The intention behind these atlases was to represent history, which had always been understood in a linear way, in a visual, two-dimensional way. Indeed, historical atlases caused a revolutionary change in the reader’s approach to history. Instead of swimming in it, he was facing it. Yet these atlases had other effects too. First of all, it was technically difficult to capture events on surfaces and processes in situations. What you saw was not history but history hacked into chunks.(…), The reader was expected to constantly turn the pages between the series of maps of Italy, back to the map of Greece and forth to the map of Spain. In other words, he had to make the connections himself. This way, the dynamic of history shifted away from history and into the reader: it was he who “played” history. Thirdly, the reader realized that in these atlases, some events were taken out of the flow of history, and the only criterion for choosing the events was whether or not they could be codified on maps. This criterion was in no way connected to history itself; it emerged from the atlas. As it could not represent “everything”, it simply represented whatever it was able to represent. Text: Vilem Flusser "My Atlas”
Landkarten und Atlanten zählen zu den Repräsentationsmittel, mit denen sich Dvořák in einigen ihrer Arbeiten auseinandersetzt. Ein bloßer Blick auf Landkarten reicht aus um sehen zu können, dass diese wesentlich darauf basieren, den Großteil des Dargestellten wegzulassen, auszublenden oder unter ein abstraktes Zeichen zu subsumieren, um dann die Verzerrungen durch die Angabe des Maßstabs als objektivierbare Größe erscheinen zu lassen und über die Anrufung wissenschaftlicher Korrektheit zu legitimieren. Das implizit politische Moment, sich durch die Vermessung der Landschaften und Räume ein Bild zu machen, um dann auf Basis der kartierten Verzerrungen Entscheidungen zu treffen, wird selten explizit gemacht. Die ausgeblendeten und verschwundenen Details im Bild spielen dann für die verzerrten Entscheidungen keine Rolle mehr und sind für den Maßstab nicht mehr maßgeblich. Die Kritik an dieser Repräsentationspolitik zielt in den Arbeiten von Dvořák aber nicht darauf ab, anstelle des irreführenden Bildes nun ein richtiges zu setzen, sondern das politische Moment schon in der Darstellung selbst zu erkennen. Nicht der Maßstab ist falsch sondern die Vorstellung, dass der Maßstab nur eine neutrale und objektivierbare Größe wiedergeben würde. Das Abstrahieren, das der Repräsentation notwendig inhärent ist, stellt schon eine politische Perspektive dar – eine Entscheidung, die darauf basiert, etwas buchstäblich herauszuziehen und anderes wegzulassen. Die Entscheidung für die eine oder andere Karte, für diesen oder jenen Maßstab, etabliert bereits vor der Anfertigung der Karte eine Vorstellung von räumlichen Beziehungen – legt fest, was aufgenommen wird und was nicht. Was sie leistet, ist die Visualisierung einer Vorstellung, sie liefert ein sichtbares Bild für ein Feld, das sich gerade der Sichtbarkeit entzieht. Das ist der blinde Fleck in jedem kartographischen Bild. Es vergisst hinzuzufügen, dass man nicht sehen kann, was man nur durch die Kartierung sehen kann. Im Kontext einer repräsentationskritischen Praxis wie jener von Dvořák zielt die Kritik auf eine Politik, die verlernt hat die maßgeblichen Verzerrungen zu sehen, die sie als Basis ihrer vermeintlich objektiven Entscheidungsgrundlagen betrachten will.
Text: Andreas Spiegl
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