Ohne Titel
Künstler/in
Doris Piwonka
(geb. 1968 in Judenburg, Steiermark)
Date2015
ClassificationsMalerei
MediumÖl, Gesso auf Baumwolle
Dimensions210 × 195 cm
Credit LineArtothek des Bundes
Object number28054
Description… In den Bildern von Doris Piwonka wird das alte Problem von Gegenständlichkeit und Ungegenständlichkeit wieder stärker thematisiert. Das Inventar scheint sich zunächst nicht wirklich verändert zu haben: Amorphe bis geometrische Formen sind auf der Leinwand abgebildet und kontrastieren zumindest farblich stark mit dem Hintergrund. Aber dann werden noch weitere Dimensionen ins Bild gebracht. Fast wie durch eine Lasur wird die Deutlichkeit der frühen Bilder wieder teilweise zum Verschwinden gebracht, aber nicht ganz, weil sie ja jederzeit durch unser Bildgedächtnis mit seinen Referenzen wieder abrufbar ist. Diese Oberfläche vermischt sich dann auch wieder mit der untersten Schicht, sodass die abstrakten monochromen Formen irgendwo in einem Zwischenbereich landen. Durch diese Oberfläche kommen aber auch gestische Momente ins Spiel, die wir mit einer ganz anderen Form von Malerei verbinden. Dieses Nebeneinander (bzw. Über- und Untereinander) einer gestisch expressiven und einer abstrakt minimalistischen Formensprache rollt das alte Abstraktionsproblem neu auf. Beide Verfahrensweisen sind ja klassische Strategien der Abstraktion im zwanzigsten Jahrhundert. Ihr Nebeneinander löst aber nun gewissermaßen den gerichteten Weg vom Figurativen zum Nichtfigurativen auf. Die Geste und der expressive Pinselstrich erzählen hier eine andere Geschichte als die von der Verflachung auf den Umriss, seiner Monochromie und der schrittweisen Verformung des Umrisses zur abstrakten Form. Beide Geschichten in ein und demselben Bild führen dazu, dass der viel zitierte Effekt, hinter jeder Abstraktion perzeptiv eine Figur zu rekonstruieren, blockiert ist. Die Rekonstruktion funktioniert deshalb, weil wir beim Betrachten und in Kenntnis einer künstlerischen Strategie aus unserem visuellen Gedächtnis eine wenn auch phantastische Figur ins Bild lesen können. In Piwonkas Bildern ist dieser Modus der Rezeption nicht mehr möglich, da ein Weg zwischen zwei Strategien vorgezeichnet ist. Der andere Weg ist durch diesen innerhalb der Malerei stattfindenden Medienmix gelöscht. Wichtig ist hier auch, dass Piwonkas Verfahren nicht offensichtlich an der Oberfläche liegen, sondern sich immer erst über eine gewisse Zeitspanne hinweg erschließen lassen. Diese Malerei ist nicht kontemplativ, sie legt ihre Spannungen aufgrund ihrer Komplexität erst allmählich frei. Überlegungen zur visuellen Perzeption werden in einer sehr klugen Weise mit historischen Referenzen zusammengebracht, was ein unmittelbares Lesen der Bilder unmöglich macht. Hier zeigt sich aber eben auch ganz deutlich, dass das Medium Malerei keineswegs ausgereizt ist oder nur noch als Spielwiese für rein historische Referenzen dienen kann, in denen die Aspekte der Perzeption zweitrangig werden. (…)(Martin Prinzhorn)[[missing key: detailactions.not-available-label]]