11 second movement
Künstler/in
Florian Knispel
(geb. 1976 Sulz am Neckar, Deutschland)
Date2005
ClassificationsObjekt
MediumWellpappkarton
Dimensions75 × 130 × 110 cm
Credit LineArtothek des Bundes
Object number26643
DescriptionDie "movement"-Skulpturen werden aus Videos entwickelt. Die Videos werden mit einer statischen Kamera aufgenommen. Diese filmt von mir entwickelte Bewegungen meines Körpers, die letztlich die Form des Objekts bestimmen. Die Aufnahmen werden in einen Rechner überspielt, der mit einem Videoprojektor gekoppelt das Ausgabemedium bildet. Die Projektion ist so ausgerichtet, den Körper in seiner Ausgangsposition lebensgroß auf die Wand zu projizieren. In dieser Projektion wird ein senkrechter Schnitt festgelegt, der sie teilt und später die Auflagefläche der Objekte zur Wand bilden wird, d. h. es werden nur Körperteile berücksichtigt, die sich in der Projektion jenseits dieser imaginären Wandlinie (Senkrechten) befinden.Die gefilmte Bewegung ist solcher Art, dass sie sich in der Projektion von rechts nach links über diese Senkrechte hinausbewegt, um dann wieder nach rechts hinter die Senkrechte zurückzutreten. An diese Linie wird eine Wellpappkartonplatte angelegt und die darauf sichtbare Silhouette angezeichnet. Dies geschieht Frame für Frame, es wird also ein Einzelbild der Videosequenz projiziert, auf Karton gezeichnet, dasselbe geschieht mit jedem weiteren Frame des Videomaterials, bis der Körper wieder hinter der Senkrechten verschwindet. Die Silhouetten werden mittels eines Maßsystems gekennzeichnet, um später die Verschiebung von einer Kartonplatte zur nächsten zu bestimmen. Sie werden ausgeschnitten, um dann in chronologischer Reihenfolge miteinander verklebt zu werden. Der stillstehende Körper existiert nicht. Ebensowenig wie die Fotografie/Aufnahme einen existenten Moment des Körpers zeigt. Sie zeigt stets einen ausgedehnten Zeitraum (z. B. 1/1000 oder 1/30 Sekunde). Die Kamera zeichnet also Zeiträume auf, wie auch die Videokamera, die Zeiträume (Einzelbilder) aneinanderreiht und zwischen ihnen Zeiträume "verwirft", also nicht aufzeichnet. Ich versuche diese Zeiträume zu benutzen und ihre Lücken, das zwischen den Stills Ausgelassene, mit der Stärke des Materials zu füllen, ihnen Raum zu geben. So entstehen Körper, die für mich sehr viel mehr das Wesentliche von Körperlichkeit erfassen, den Körper als Form eines Bewegungspotentials. Ich verstehe Bewegung als Zustand. Der lineare Ablauf der Zeit wird zwar nicht ganz verworfen, aber die einzelnen aufeinanderfolgenden Zeiträume (Frames) existieren im Objekt gleichzeitig in einer Form, können als Ganzes gelesen werden. Es trans-portiert die vergangenen Momente einer Bewegungssequenz, die bereits nur noch in der Erinnerung existieren, in eine gemeinsame Gegenwart.
Die Bewegung füllt ein Volumen, bildet einen Präsenzraum aus. Die einzelnen Frames bleiben in der lamellaren Struktur sichtbar erhalten und bilden einerseits einen Scancharakter, der die digitale Ausgangsbasis ins Objekt transferiert, gleichzeitig bilden sie eine geschlossene Einheit, die Charakterzüge organischer Formen in sich trägt. Die neue Skulpturengruppe "35-second movement" zeichnet sich durch ihre Mehrteiligkeit aus. Sie besteht aus drei Objekten, die aus einer Bewegungssequenz abgeleitet, diese verräumlichen. Sie bilden einen Bewegungsraum, der sich durch die Wand hinzieht, dreimal auftaucht und wieder in der Wand verschwindet. Die Bewegung "durchdringt" die materiellen Grenzen des Raumes. Mich interessieren die Beziehungen zwischen den Objekten, die Zwischenräume mit blanker Wand öffnen sich der Imagination.
Gleichsam durchmessen die Objekte "anthropometrisch" den Raum und sind selbst ganz durchdrungen vom menschlichen Maß. Wichtig ist für mich auch der Arbeitsprozess. Er hat einen stark seriellen Charakter, es folgen hunderte fast idente Arbeitsschritte, die sich, meiner Wahrnehmung fast entziehend, doch minimal verändern. Zumindest im Zeichnen ist dies der Fall. Hier ändert sich die zu zeichnende Form von Frame zu Frame, die Form bestimmt meine körperliche Position beim Zeichnen. Die Abfolge des Gehens zum Rechner, des Springens zum nächsten Frame, des Gehens zur Projektion und Anlegens des Kartons bleibt sich gleich. Es ist mein Körper der in einer kurzen Bewegung die Objekte erschafft, die Bewegung. In der Produktion bin ich nur noch Arbeiter in einem fließbandartigen Prozess. Meine Hand und mein Kopf formen hier nicht mehr frei.
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